Freie Presse / Zwickau 12.3.2003 - Interview mit Francis Rossi

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Rockdinosaurier stehen dazu: Mainstream und nicht Avantgarde

Status Quo starten morgen in der Zwickauer Stadthalle ihre Deutschlandtournee - in ihrer englischen Heimat gefeiert wie die Queen - Spass wie am ersten Tag

Zwickau. Mit 112 Millionen verkauften Platten gehören Status Quo zu den erfolgreichsten Rockbands aller Zeiten. Laut Meinung des "Musikexpress" ist Status Quo sogar die Live-Band an sich. Schätzungsweise 5500 Shows sollen die Engländer in ihrer rund 40-jährigen Karriere gespielt haben. Das Motto der neuen Deutschland-Tournee, die morgen in Zwickau startet, lautet "Heavy Traffic". Olaf Neumann sprach mit Sänger und Gitarrist Francis Rossi, dessen Ebenbild seit einiger Zeit in Madame Tussauds Rock Legends Hall Of Fame steht.

Freie Presse: Ihre Landsmänner von den Rolling Stones gelten als die bösen Buben der Rockmusik. Sind Status Quo die Saubermänner?

Francis Rossi: Heutzutage haben wir scheinbar dieses Image einer sauberen und professionellen Band. In jungen Jahren waren wir allerdings davon überzeugt, wild und anders zu sein. Unser Lebensmotto hiess Sex & Drugs & Rock n' Roll. In den letzten 15 bis 20 JaHren habe ich mich immer weniger mit Alkohol und Drogen beschäftigt - zu Gunsten meiner persönlichen Fortbildung. Ich wollte ein besserer Musiker mit einer professionellen Einstellung werden. Dazu gehört, nüchtern auf die Bühne zu gehen und sich gesund zu ernähren. Wenn Körper undGeist beisammen sind, fühle ich mich gut. Auch wenn gewisse Kollegen jetzt behaupten, das sei langweilig und altmodisch.

Freie Presse: Das britische Magazin "Melody Maker" bezeichnete Status Quo abfällig als "Abba des Heavy Metal". Fühlen Sie sich dadurch in Ihrer Rockerehre verletzt?

Francis Rossi: Heute nicht mehr, Status Quo sind Mainstream und nicht Avantgarde. Dazu stehe ich. Ich bin mit Pop gross geworden: Everly Brothers, Conny Francis und Country-Musik. In den siebziger Jahren mochte ich Abba sehr gerne, man durfte das damals nur nicht öffentlich zugeben. Heute stehe ich auf gut gemachte Popmusik a la Roxette und Cardigans. Nur die Pet Shop Boys kann ich nicht leiden. Ihren grössten Hit "It's A Sin" haben sie ganz dreist bei Cat Stevens geklaut.

Freie Presse: Schon vor 20 Jahren liefen Sie in abgewetzten Jeans herum. Die gleiche "Mode" tragen Sie heute mit 53 Jahren noch immer. Welche Philosophie steckt dahinter?

Francis Rossi: Die Mode ist eine Industrie, die dir ständig etwas verkaufen will. Als Teenager habe ich mich über Leute im Anzug lustig gemacht. Als 14-Jähriger hatte ich eine kurze Modephase und trug ständig Schwarz. Das habe ich aber schnell wieder aufgegeben, es war einfach zu anstrengend. Die Sachen, die ich gerne mag, kann ich seit zwei Jahren einfach nicht mehr kriegen. Dann ziehe ich doch lieber meine alten Klamotten an. Das Problem mit der Mode ist, dass man ständig einem Trend hinterher läuft. Ich mag aber niemandem hinterher laufen. Ich laufe lieber vorneweg.

Freie Presse: In England sind Status Quo eine nationale Institution, vergleichbar mit den Royals. Popularität hat bekanntlich auch Schattenseiten. Ist das Leben als Rockstar immer ein königliches Vergnügen?

Francis Rossi: Ich wollte schon immer berühmt sein oder zumindest von vielen Menschen gemocht werden. Deshalb bin ich Musiker geworden. Es liegt aber auch eine Gefahr darin, ein berühmter Mensch zu sein. Man kann sehr leicht abheben. Ich bewundere eher die echten Musiker, die auf der Bühne und im Leben einen fantastischen Job machen.

Freie Presse: Sogar die Queen und Prinz Charles haben schon Ihre Konzerte besucht. Anscheinend ist den Engländern die Monarchie genauso wichtig wie die Popmusik: Sie gehört einfach zum alltäglichen Leben.

Francis Rossi: England will eine Königin bzw. einen König. Ich brauche das aber nicht. Die Welt wächst immer mehr zusammen, da stellt sich die Frage, ob eine Monarchie bei dieser Entwicklung nicht eher hinderlich ist. Ich bin zwar kein grosser Anhänger der Blaublütigen, aber Edward wird den Job wohl kriegen. Er ist der Richtige. Diesen harten Posten möchte ich nicht machen müssen. Da bin ich doch lieber Musiker.

Freie Presse: Status Quo gelten als eine Band des Volkes. Geben Sie den Leuten das, was sie hören wollen?

Francis Rossi: Wahrscheinlich schon. Der Ausdruck "Band des Volkes" gefällt mir allerdings nicht. Wer nicht zum Volk gehört, müsste demzufolge draussen bleiben. Wir haben hart daran gearbeitet, unsere Anhängerschaft zu vergrössern. Jetzt spielen wir bei unseren Konzerts alle Hits, die wir jemals hatten. Das wollen die Menschen hören, und das bekommen sie auch. Der Mensch tut immer wieder genau das, was ihm Spass macht. Ich höre auch nicht mit dem Sex auf, weil es immer der gleiche Vorgang ist.

Freie Presse: Der Kern von Status Quo spielt seit 40 Jahren zusammen. Macht Ihnen der Rock n' Roll noch immer genau so viel Spass wie am ersten Tag?

Francis Rossi: Auf jeden Fall! Manchmal glaube ich aber, heute sind nur noch Rockdinosaurier unterwegs. Ganz Leipzig war im letzten Sommer vollgekleistert mit Plakaten von uralten Bands. Wo aber sind all die jungen Musiker? Irgend jemand muss uns alte Recken doch ablösen, wenn wir eines Tages von der Bühne fallen.