Pressebericht Offenbach 12.10.2004

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Alle Hits sind ein Hit

Status Quo halten sich nicht an die Dosierungsvorschriften und variieren in Offenbach zwar den Refrain, aber nicht das Lied

VON DANIEL BARTETZKO

Bitte entschuldige liebes Gemüt, das habe ich nicht gewollt. Als ich mir vornahm, zu Status Quo zu gehen, hattest du dich ja gleich warnend gemeldet: "Hey, die spielen seit dreißig Jahren immer das gleiche Lied. Und außerdem ist das Konzert in Offenbach!" Ich konnte ja nicht ahnen, dass du recht behalten solltest. Immerhin, deine Bedenken gegen Offenbach sind grundlos.

Das Vorprogramm hätte mir dann Warnung genug sein müssen. Paul Camilleri ist in der Stadthalle angetreten, zu zeigen, dass die Schweizer Bluesrock spielen können. Das können sie, doch Bluesrock kann etwas ziemlich Konservatives sein.

Ich habe gedacht, dass es danach nur spannender werden kann. So ist es halt passiert. Eine Keyboard-Fanfare ertönt und Status Quo legen los mit einem Lied, das circa zweieinhalb Stunden lang ist. Es beginnt mit einem Boogie-Woogie-Riff, synchron auf zwei E-Gitarren geschrubbt. Eine Art Warm-Up, bis dann entweder die Gitarreros Rick Parfitt oder Francis Rossi oder einfach beide mit dem Gesang einsetzen. Das ist erst mal witzig und schunkelig. Doch es hört halt nicht auf. In den ruhigeren Teilen des Liedes klingt mal ein 80er-Jahre-Keyboard durch, in den schnelleren prügeln sie ihr Boogie-Riff etwas trockener. In den Breaks redet Francis Rossi mit Leuten im Publikum, dann fängt man von vorne an.

Nur der Refrain ändert sich. Mal singen sie Something 'bout you baby I like, mal Roll over lay down, dann plötzlich Sweet Caroline. Ihr endloser Song hat nicht wirklich einen roten Faden. Sicher, musikalisch schon, auch der Text ist ähnlich. Aber man wechselt nicht mittendrin den Refrain!

Das hast du auf Dauer nicht verkraftet, liebes Gemüt. Ich kann es verstehen. Ich selbst hatte ja mehrfach gehofft, dass sich noch irgendetwas tut. Und sei es nur, dass die Musiker die scheußlichen Gitarrenverstärker zertrümmern oder der Luftgitarrenspieler neben mir beim Solo zu Boden geht. "Geil, die spielen wirklich alle Hits, alles!" brüllt er. Er glaubt tatsächlich, hier würden mehrere Songs gespielt, unfassbar.

"And I like it I like it I lalalalike it!" haben gerade alle gesungen, als ich die Flucht antrat. Das Autoradio habe ich dir zuliebe auf dem Heimweg nicht eingeschaltet. Und ich werde in Zukunft auf dich hören, versprochen.

Immerhin scheinst du mir langsam zu verzeihen, liebes Gemüt. Heute morgen habe ich schon wieder Musik gehört, ohne schlechte Laune zu bekommen. Und allmählich kann ich mir auch wieder agressionsfrei vorstellen, zu einem Status-Quo-Song wie Whatever you want spätabends, nach mehreren Getränken, auf einer Tanzfläche herumzuhopsen. Denn diese Lieder können schon Spaß machen, wenn man sich an die Dosierungsvorschriften hält.