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Draufhalten, was das Zeug hält
Das "Status Quo"-Konzert in der Braunschweiger Volkswagen-Halle geriet zur
schweißtreibenden Party
Der Zopf von Francis Rossi ist dürftig und grau geworden über die Jahre, und
auch Rick Parfitts Herz hat die vergangenen Dekaden auf den Bühnen dieser
Welt nicht unbeschadet überstanden. Doch By-PassOperationen und schütter
werdendes Haupthaar sind für die Urgesteine der Band "Status Quo" kein
Grund, dem Rock'n'Roll abzuschwören. Die Briten ließen am Sonntagabend in
der Braunschweiger Volkswagen-Halle keinen Zweifel aufkommen: Die Spiellaune
ist frisch wie am ersten Tag. Auch im Jahre 36 nach Bandgründung ist ein
"Status Quo"-Konzert noch immer eine schweißtreibende Party.
Rossi (53) und Parfitt (54) haben nie einen Hehl daraus gemacht, dass sie
nichts anderes im Sinn haben, als Gute-Laune-Musik abzuliefern. Die Band
steht nicht für Überraschungen, Experimente und Innovationen, sondern für
Verlässlichkeit. Mainstream statt Avantgarde.
Und so rammten die Veteranen ihren treibenden Boogie-Rock am Sonntag schon
mit dem ersten Titel "Caroline" in die Gitarren-Saiten. Das Front-Duo macht
sich nichts aus einer stetig steigenden Dramaturgie der Akkorde, sondern
hält ohne lange Vorrede und mit extremem Tempo drauf, was das Zeug hält.
Zweieinhalb Stunden Dauerpower.
Die schnörkellosen Songs sind immer eingängig und fast immer ohne Brüche,
und selten lässt die Truppe sich und dem Publikum Zeit für Verschnaufpausen.
Dabei verfügen Rossi und Parfitt über eine Feinabstimmung, als hörten
20Finger auf ein Hirn. Blinde Übereinstimmung, die einen satten, stimmigen
Sound erzeugt.
Nur wenige Rockgruppen können auf eine Doppelspitze zurückgreifen. Hier gilt
Gleichberechtigung an der Rampe. Während Parfitt über die variantenreichere
Stimme verfügt, prägt Rossis trockene Kehle den unverwechselbaren Klang der
Gruppe. Fast schon selbstironisch ziehen die beiden ihre Choreographie des
Synchronspielens durch. Jugendliche Zuschauer mögen es als Persiflage auf
typische Rocker-Posen deuten, doch ältere Konzertbesucher wissen: Hier
turnen Leute auf der Bühne rum, die Vorbilder für unendliche
Luftgitarren-Nummern in TeenagerBuden waren und immer noch sind. Denn
Rock'n'Roll-Bands wie "Status Quo" haben das Instrumentenballett dereinst
erfunden. Das Repertoire würde für ein Dutzend Konzerte reichen, ohne dass
ein einziger Song sich wiederholte. So müssen Medleys herhalten, damit das
geballte Liedgut verdichtet abgefeiert werden kann. "The Wanderer", "Roll
over lay down", "Rockin' all over the World": Der Fundus ist schier endlos.
Ein Ohrwurm allerdings blieb an diesem Abend ungehört: "In the Army now".
Wohl kaum ein Zufall.
Dafür kamen vier Lieder des neuen Albums "Heavy Traffic" zum Einsatz: der
titelstiftende Song sowie "Never say never", "Solid Gold" und "Creeping up
on you". Dabei böte die ganze Scheibe Stoff, den guten Ruf der
Bandmitglieder als kompromisslose Spaßmusiker zu mehren. Ehre gebührt auch
den unbekannteren Mitstreitern: Andrew Bown (Keyboard, Gitarre), John
Edwards (Bass) und Matthew Letley (Schlagzeug). Insgesamt eine Truppe, die
durch Team- und Sportsgeist besticht.
Die Fans bedankten sich am Ende mit überbordendem Applaus und waren deutlich
enttäuscht, dass die Mannen nur eine Zugabenrunde gewährten. Doch irgendwann
müssen eben auch "Status Quo" mal ihren körperlichen Grenzen Tribut zollen.