Bendorf 26.05.2006 Pressebericht

copyright Rhein-Zeitung 30.5. (Bettina Belitz)

Status Quo lässt das Publikum wippen

Stabiler Ausfallschritt, Oberkörper nach vorne, im Takt mitbewegen: So feiern die Fans ihre Band

Der Himmel hat gerade zu weinen aufgehört, da erhellt blaues Licht das graue Firmament über Bendorf, mächtige Orgelklänge lassen die Trauerweiden erzittern, und fünf reife Herren, schnieke in Schwarz-Weiß gewandet, betreten die Bühne: Status Quo.

Bendorf feiert sein erstes Open-Air-Rockfestival, das Wetter ist eine milde Katastrophe, aber der Kirchplatz dennoch zufriedenstellend besucht. So weit, so gut.

Doch dann greifen die fünf Herren zu ihren Instrumenten - und die Flimmerhärchen im Mittelohr erzittern freudig im Takt. Da ist er, der bewährte alte, nie veränderte, echte, erdige, bodenständige Status-Quo-Sound, den Nörgler gerne als "immer gleiches Geschrammel" bezeichnen. Diese Nörgler dürften Status Quo noch nie live erlebt haben. Denn dann wird das vermeintliche Geschrammel zu einer starken und bezwingend hypnotischen Droge. Nach nur wenigen Minuten gibt es keinen Zweifel mehr: Status Quo rockt Bendorf.

In der nassen Luft geht der Geruch der Pommesbude eine unheilvolle Allianz mit Schwaden frischen Kuhdungs vom Feld ein, und unzählige Best-Ager lassen ihre Jugend wieder aufleben. Eine Ü-30-Party ist nichts dagegen. Während ein Song im zuverlässigen Blues-Rock-Rhythmus beinahe nahtlos in den nächsten übergeht - ein unschätzbarer Vorteil von "immer gleichem Geschrammel" -, fallen die glückselig strahlenden Fans in den gängigen Status-Quo-Tanz: stabiler Ausfallschritt, Oberkörper nach vorne, im Takt wippen.

Das ist puristisch und ansteckend, vor allem aber innerhalb von Sekunden zu erlernen. Die Herren auf der Bühne sorgen derweil dafür, dass etwa 27 verschiedene Gitarren zum Einsatz kommen und erweisen sich allen Vorurteilen zum Trotz als echte Soundtüftler.

Geredet wird dabei nur das Nötigste. "I"m sorry about the rain", sagt Francis Rossi zwischendurch höflich über den wieder einsetzenden Guss von oben, aber stört das noch jemand? Nein - gehört schließlich dazu, wenn man gerade inbrünstig "Rain keeps falling ..." mitsingt. Wippend natürlich. Und Status-Quo-Fans singen jedes Lied mit, kennen jede einzelne Textzeile. Wer zum Begleitpersonal gehört und weniger bewandert ist, wartet einfach, bis die großen Hits ertönen. Die kennt schließlich jeder.

"Down down", "Rockin" all over the World", ein furioses Schlagzeugsolo und eine durchgängige Performance auf höchstem Niveau mit einer feinen Portion Selbstironie entschädigen nach anderthalb Stunden britischem Ohrenputzer für jeglichen Geschrammel-Vorwurf.

Schade nur, dass die fünf Herren es bei einem Zugabe-Block beließen und auf ihren späten Cover-Erfolg "In the Army now" verzichteten. Aber dazu hätte man auch nicht so prima wippen können. Bettina Belitz