Rick Parfitt Interview - Musikexpress (2002) copyright Musikexpress

Wenn ich nicht Musiker geworden wäre...
...wäre ich heute ein weltmeisterlicher Formel-Eins-Rennfahrer - manchmal denke ich, ich bin tatsächlich einer -, denn ich hatte schon immer ein großes Faible für Autos. Aber das heißt nicht, dass ich gerne ein anderes Leben geführt hätte - selbst wenn ich heute tauschen könnte, ich würd's nicht tun.

Sex & Drugs & Rock'n'Roll sind...
...alles andere als gut für einen. Na ja, der Sex und der Rock'n'Roll schon, aber Drogen nicht, wie wir im Laufe der Jahre selbst herausfanden. Manchmal frage ich mich ernsthaft, wie wir die Achtziger überlebt haben mit all dem, was wir so angestellt haben in dieser Richtung. Aber natürlich sind der Sex und der Rock'n'Roll fantastisch, für uns ist letzterer heute sogar besser als Sex, weil wir uns auf der Bühne so wohl fühlen wie noch nie. In meiner Prioritätenliste steht der Rock'n'Roll folglich heute ganz oben, danach kommt der Sex - und die Drogen erst ganz, ganz, ganz am Schluss.

Die achtziger Jahre waren musikalisch...
...ein stranges, ein negatives Jahrzehnt. Im Laufe der Achtziger verschwanden all die Gitarren, die meisten Bands kleideten sich plötzlich merkwürdig, gaben sich mit einem Mal ziemlich tastenorientiert mit programmierten Keyboards und diesem Kram. Im Prinzip ist daran ja nichts Schlechtes, aber ich war noch nie ein Fan von Knöpfchendrückern, die lediglich Konserven abrufen. Mein Credo ist ein anderes: Geh raus und spiel live, ohne Sequenzer und diesem Zeug. Dafür zahlen die Leute, dafür gehen sie auch heute noch ins Konzert. Dass der Gitarrenrock in den Achtzigern unterging, hat mich damals ein bisschen angekotzt. Aber inzwischen ist er ja wieder da.

Revivals sind für die Musik...
...okay, solange sie nicht ausschließlich finanzielle Gründe haben, die Leute vielmehr mit dem Herzen dabei sind. Wenn letzteres das vorrangige Motiv für ein Comeback ist, habe ich damit kein Problem. Aber nochmal: Ich finde es dem Publikum gegenüber unfair, wenn man da rausgeht und nicht 101 Prozent gibt - oder es zumindest versucht. Aber wennn einer Band fünf oder zehn Jahre nach ihrer Trennung die Kohle ausgeht und sie sich nur reformiert, weil sie das schnelle Geld machen will, ist das in meinen Augen alles andere als gut.

Ohne Synthesizer...
Ist das Leben doch ganz fantastisch, nicht? Kann man allen Ernstes einen Synth mit einer echten Hammondorgel gleichsetzen, mit diesem Sound, der absolut einzigartig ist? Aber natürlich war der Synth eine klasse Erfindung, wir benutzen auf der Bühne ja auch einen für diesen und jenen Effekt. Aber im Rückblick auf diese 28 Jahre oder mehr fragt man sich schon: Wo wären wir heute ohne dieses Teil? Manche Leute brauchen es ja wirklich.

Die Erfindung des Drumcomputers war...
...gut für die Erstellung von Demos. Und kam manchem sicher sehr recht. Ich denke da nur an ZZ Top, die benutzen so ein Ding ja gern, und das hört sich auch wirklich gut an. Aber ich finde den "human touch" nach wie vor klasse, dass das Tempo vielleicht ein wenig schwankt, wenn das Ganze nicht so nach Roboter-Beat klingt

Zu einer guten Coverversion gehört...
...dass sie mindestens so gut wie das Original ist - denn wenn nicht, warum den Titel dannn überhaupt covern? Wenn Quo einen Song nachspielen, verfahren wir nach genau diesem Prinzip und modeln ihn so um, dass er nach uns klingt. Man darf nicht einfach die Vorlage kopieren, man muss einen eigenen Touch hinbekommen. Von bestimmten Sachen sollte man aber unbedingt die Finger lassen: Alright Now zum Beispiel, Smoke On The Water oder Bohemian Rhapsody - versuch's gar nicht erst, du wirst es nie hinkriegen. Wir wissen, was wir können, aber wir würden uns niemals an bestimmte Songs wagen, die aufgrund ihrer Klasse in die Rockgeschichte eingegangen sind.

Die Wirkung von Hitparaden...
Ist eine ganz tolle, wenn du mit einem Album oder einer Single in den Top Ten bist. Uns geht das zum Glück immer noch so; wäre es anders, wäre das für uns ein Signal aufzuhören. Aber noch laufen die Dinge bestens, wir sind nach wie vor für Platin gut. Und das ist für uns noch immer eine große Motivation.

Seit der Erfindung von MTV...
...haben vor allem neue Bands gute Chancen auf einen Durchbruch, wenn ihre Nummer auf Rotation läuft. Als wir anfingen, gab es dieses Tool noch nicht, und folglich war es für einen Newcomer damals ungleich schwerer, sich einen Namen zu machen. Ich muss gestehen, ich sehe MTV nicht oft, aber wenn, dann kenne ich neun von zehn Bands, deren Songs da laufen, überhaupt nicht. Und ein Jahr später oder vielleicht fünf hört man auch schon nichts mehr von ihnen. Mich würde echt interessieren, wo die alle abbleiben.

Die meisten Videoclip-Regisseure...
...sind ganz in Ordnung, denke ich. Aber auch hier zählt heutzutage nur das Geld. Ich kann mich noch erinnern, dass ich völlig von den Socken war, als ich irgendwann in den Achtigern hörte, dass Duran Duran für ein einziges Video 100.000 Pfund ausgegeben hatten. Und heute kostet der Spaß wahrscheinlich eine Million, schätze ich mal. Und wenn du schon dermaßen viel Kohle hinlegen musst, solltest du dir schon den richtigen Regisseur aussuchen, damit du hinterher nicht ein langes Gesicht ziehst. Ich persönlich mag es nicht, wenn jemand so nach Gutdünken verfährt und unsere Kontrollmöglichkeiten gleich null sind. Im Tonstudio ist das anders, da kannst du hier basteln, da basteln. Aber bei einem Video läuft's andersherum, da kriegst du erst lange nach dem Dreh das fertige Endprodukt zu sehen, das derjenige im Alleingang fertig gestellt hat

Musikzeitschriften sind...
...wichtig für viele Leute, aber nicht für mich - ich lese nämlich keine, nicht mal wenn Artikel über uns drin sind, ich schaue mir höchstens mal die Bilder an. Weil nichts, was ich lesen würde, nicht schon irgendwo gestanden hätte. Vor Jahren schrieb mal einer über ein Quo-konzert, bei "Down Down" wäre die Lautstärke so unerträglich geworden, dass er habe gehen müssen. Nur: An dem besagten Abend hatten wir die Nummer gar nicht gespielt. Was also soll solcher Scheiß?

Ohne das Internet...
....wäre die Welt nicht um so vieles kleiner geworden wie sie es inzwischen ist. Heute frage ich mich ernsthaft, wie es davor "ohne" gehen konnte. Aber leider hat das Netz auch einen weitgehenden Verlust des Privaten bedingt. Wenn du im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses stehst, hast du kein Privatlebven mehr: Wenn ich zum Supermarkt runterlaufe und mir eine Flasche Milch hole, weiß das unter Umständen ein paar Minuten später ganz Europa. Dass heute via Internet jeder zugang zu jedem hat, finde ich schon ein bisschen verrückt. Und es erschreckt mich auch ein wenig.

Das Schlimmste an Fans ist...
...wenn sie beim Händegeben zu stark zudrücken. Und das passiert mir ziemlich oft. Vor kurzem habe ich mal nach der Show die Hände von ein paar Typen in der ersten Reihe abgeklatscht, und einer hielt mich fest und brach mir fast die Hand - ich kam einfach nicht weg, das hat richtig weh getan. Normalerweise habe ich damit kein Problem - immer wollen uns einige Leute die Hand reichen, wenn wir irgendwo aus dem Bus steigen -, aber dann bitte hübsch vorsichtig, denn unsere Hände sind unser Kapital. Aber ich will mich jetzt nicht beschweren über Fans, die da vielleicht etwas übereifrig sind, denn: Wo wären wir ohne sie?

Plattenfirmen sind für Künstler...
....schrecklich. Ich meine, diese Leute sind wirklich obernett, aber wenn wir zum Beispiel ein neues Album fertig haben und es den Herrschaften vorspielen, dann mach ich mich dünn. Und so halte ich es schon seit Jahren, insofern habe ich mit der Plattenfirma kaum noch direkten Kontakt. Mit diesen Leuten essen zu gehen oder so etwas, das ist in meinen Augen regelrecht harte Arbeit.

Ein guter Song...
...wird dich aus dem Stand packen. Du willst ihn wieder hören. Du pfeifst ihn, du denkst an ihn, er ist selbst noch beim Schlafengehen in deinem Kopof - all das. Und als Musiker hoffst du, dass er dieselbe Reaktion bei deinen Fans hervorrufen wird. "Jam Side Down", unsere neue Soingle, ist so ein Titel. Terry Britten bot ihn uns an, und am Anfang erschien er uns zu poppig, aber nach ein paar Tagen haben wir uns gesagt: Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul, also haben wir der Nummer einen Quo-Touch verpasst, und das war's.

Ich merke, dass ein Song funktioniert, wenn...
...er dir nicht mehr aus dem Sinn geht. Es ist schon merkwürdig: Manchmal bringst du ein Demo an und bist dir sicher, dass die Nummer aus dem Stand funktionmiert - und sie tut es niht. Und dann hast du einen Titel, von dem du nur so mittel überzeugt bist, du bastelst etwas dran rum und - peng. Wir nehmen uns für diese Bastelei vier, fünf Stunden, ja manchmal sogar einen ganzen Tag Zeit, nehmen das Ganze mehrfach auf. Aber wenn es am Ende einfach nicht klingt, lassen wir die Finger davon.

Kommerzieller Erfolg...
...ist der Grund, warum du in diesem Geschäft bist. Und durch nichts aufzuwiegen. Denn ohne kracht dein ganzes Leben zusammen. Wenn du Glück hast und er dir widerfährt, fühlst du dich wie ein Weltmeister. Inzwischen Aber heute geht es ja nicht mehr vorrangig um Talent, sondern um Marketingkonzepte. Ich bin heilfroh, dass ich nicht in diesen Zeiten frisch an den Start gehen muss. Diese ganze Geschichte mit den gecasteten Popstars - mich regt das dermaßen auf! Da werden irgendwelche Nobodys gepusht, ins kalte Wasser geschmissen, man lässt ihnen keine Zeit zu lernen, und nach zwei Jahren, wenn sie ihren Machern genug Geld eingebracht haben, lässt man sie wieder fallen. Das ist ein ziemlich korruptes System, es macht mich krank.

Überrascht hat mich...
...damals der Anruf von Bob Geldof, als er uns fragte, ob wir "Live Aid" eröffnen wollten. Zu dieser Zeit waren wir spielerisch nicht so richtig fit, etwas eingerostet gewissermaßen. Aber das war ihm egal, er sagte: Macht's einfach. Und das taten wir. Rückblickend bin ich froh, dass wir dabei waren; es war ein großer Event, der inzwischen Geschichte ist und es immer bleiben wird.

Mein schönsten Erinnerungen verbinde ich mit meinem Konzert in .... im Jahr .... weil...
Na ja, eigentlich sollten einem ja die guten Dinge im Gedächtnis bleiben, aber ich denke da an einen Gig letztes Jahr in Tronso nahe am Polarkreis, da hatten wir eine Bühne mit zwei Ebenen. Dieser Umstand war mir allerdings entfallen, als es losging. Ich also rauf auf das Drumpodest und mit Matt, unserem Schlagzeuger, einen auf Show gemacht - und als ich vor ans Mikro wollte, haute es mich voll auf die Fresse. Ich versuchte noch, mich rechtzeitig wieder aufzurappeln, hab's aber dannn doch nicht geschafft. Tja, und dann flogen mir bei einem Konzert vor ein paar Tagen meine langen Haare in den Mund, mein Kaugummi verklebte sich in den Strähnen und baumelte plötzlich vor meiner Nase. Aber wir waren in voller Fahrt, ich konnte also nicht hinlangen, hab verzweifelt nach dem Drecksding geschnappt...das hättest du erleben sollen

Das erste Konzert einer Tournee...
....hängt ganz davon ab, wie lange du zuvor pausiert hattest. Anfangs spürst du immer eine gewisse Steifheit, egal wie lange du geprobt hast. Denn dabei hängst du dich nie mit einer solchen Energie rein wie du es auf der Bühne tust. Dort ist alles viel härter, viel realer - das kann manchmal wie ein Schock sein. Aber nach dem vierten oder fünften Gig - so lange braucht es in der Regel - läuft alles rund. Das Publikum kriegt davon nicht viel mit, aber wir merken selbst sehr wohl, ob wir in Bestform sind oder nicht.

Am Ende einer langen Tour...
...spürst du eine große Erleichterung. Du fühlst eine Woge der Entspannung durch deinen Körper strömen, wenn du diese Luftblase erst einmal verlassen hast. Wenn du nach einem Monat oder so wieder nach Hause kommst, kann das schon strange sein - da gibt es einen neuen Laden, den du noch nicht kennst, die Blätter sind je nach Jahreszeit grün oder gelb geworden. Und am nächsten Tag wachst du auf, überlegst. Wo spielen wir heute? Und erinnerst dich dannwieder : Nee, die Tour ist ja vorbei... Das sind zwei vollkommen verschiedene Welten, und beide sind toll. Du musst nur lernen, dich anzupassen.

Wenn man lange in einer Band zusammenspielt...
...darf man niemals glauben, man könne da rausgehen, und nur weil man Quo oder welche etablierte Band man auch immer ist wird's schon werden. Man sollte immer alles geben und Spaß haben an dem, was man tut. Manche glauben, wir hätten das schönste Leben - stimmt nicht. Das Körperliche ist da nur ein Punkt, die ständige Fahrerei ein anderer.

Wenn ich an meinen Manager denke...
....werde ich immer etwas traurig, weil der, den wir zwölf Jahre lang hatten, vor knapp einem Jahr einer Herzattacke erlag. Sein Stellvertreter hat seinen Job inzwischen übernommen und macht ihn sehr gut.

Musik im Auto...
...ist etwas Großartiges, ich liebe das. Vor allem auf dem Highway, und das sogar in England, wo du auf den Autobahnen ja nicht besonders schnell fahren darfst - langweilig! Da höre ich dann AC/DC genauso wie Celine Dion. Zuhause höre ich dagegen kaum Musik. Ich lege nur mal für ein paar Drinks Platten auf, wenn ich Besuch habe.

Das letzte Mal hatte ich meinen Job satt, als...
Das ist mir noch nie so gegangen, aber frustriert war ich sehr wohl. Im letzten Jahr bekam ich aus heiterem Himmel auf einmal meinen üblichen Gitarrensound nicht mehr hin, er war einfach weg und keiner wusste warum ich weiß es bis heute nicht. Ich doktorte rum, wurde immer ärgerlicher und trug mich am Ende ernsthaft mit dem Gedanken, die Band zu verlassen, weil auf der Bühne bei mir nichts mehr zusammenging. Und das kotzte mich an. Aber am Ende haben wir's dann doch noch hingekriegt, und heute ist mein Sound wieder so wie er immer war.

Ein Tag ist perfekt, wenn...
...du morgens ohne Kater aufwachst, der Tourbus keine Pannne hat, die Garderoben in der Halle okay sind, der Soundcheck und der Gig gut laufen und jeder gut drauf ist. Aber all das in dieser Form hinzubekommen ist nicht einfach, obwohl es bei uns oft fast perfekt läuft. Wenn nur das verdammte Reisen nicht wäre! Eine Zeitmaschine haben, rein, peng, schon am nächsten Auftrittsort - das wär's. So sitzen wir oft stundenlang im Bus, und das nervt.

Ich kann nicht leben ohne...
...Status Quo. So ganz ohne Konzerte, Plattenaufnahmen, Interviews - das wäre schon sehr seltsam, da würde mir einfach alles fehlen. Zwei Drittel meines Lebens wären quasi "aus dem Fenster", denn Francis und ich haben mehr Zeit miteinander verbracht als mit unseren Frauen und Familien. Ohne Quo wäre mein Leben leer, ohne Sinn. Ich wüsste nicht, was wäre, wennn ich eines Tages nicht mehr in der Lage wäre, meinen Job zu machen, sei es nun aus körperlichen Gründen oder weil die Fans vielleicht ausbleiben. Aber im Moment stehen alle Zeichen noch auf grün, und solange geht's weiter.

Mein größter Wunsch ist...
...es, einfach gesund und glücklich zu sein. Und weiterhin das tun zu können, was wir tun und wie wir es tun. Unser neues "Heavy Traffic"-Album ist unserer Ansicht nach das Beste, was wir je gemacht haben. Und ich hoffe, es geht in dieser Form weiter wie in den letzten 35 Jahren.

Geärgert haben mich...
....Leute, die auf einer Bühne nur so tun als ob. Heutzutage ist ja jeder in der Lage, eine Platte aufzunehmen, egal ob er singen kann oder nicht; im Studio wird das mit Hilfe der Technik schon so hingetrimmt. Und dann gehst du da raus, bewegst die Lippen zum Playback und die Leute halten dich für großartig. Auf diese Weise werden gerade die ganz Jungen ausgebeutet, denn die Neun- oder Zehnjährigen wissen nicht, was da läuft - die sehen ihr Idol auf der Bühne und achten nicht weiter auf solche Dinge.

Wenn ich alt bin....
...bin ich es eben. Ich denke nicht weiter darüber nach, will's nicht werden. Ich bin es mit meinen 54 Jahren vielleicht schon, aber fühle mich noch nicht alt.

In meinem nächsten Leben...
...würde ich gerne wieder ein Mensch sein, aber dann vielleicht einer, der auch fliegen kann.